Fällt Ihnen beim Spazierengehen auch ständig auf, dass überall die Obstbäume voller Früchte hängen und ganze Äste unter der Last brechen? Und auf dem Boden liegen sie in Massen, die Köstlichkeiten, und faulen langsam aber sicher vor sich hin.
Da denke ich immer: Das ist Essen. Frisches, gutes Essen. Und es vergammelt. Gleichzeitig gehen wir in den Supermarkt und kaufen Äpfel und Beeren aus anderen Kontinenten, auf-gezogen in industrieller Massenobsthaltung, doppelt und dreifach verpackt in Plastik und einmal quer über den Planeten geschippert. Das sollte zum Nachdenken anregen. Darüber, wie wir eigentlich mit Ressourcen umgehen.
Falls Sie die Seite mundraub.org noch nicht kennen, schauen Sie gleich mal nach. Der Verein Mundraub organisiert die Ernte von Früchten, die niemand will. Auf der Online-Plattform gibt es eine digitale Landkarte, in der herrenlose Bäume, öffentlich nutzbare Sträucher und Kräuter verzeichnet sind. Und nein, es soll und darf natürlich nichts geklaut werden. Vor der Eintragung eines Baumes wird geklärt, dass keine Eigentumsrechte verletzt werden. Manchmal gibt es auch Besitzer, die keine Zeit haben, ihre Früchte zu ernten.
Auch in Marbach hat sich eine Nachhaltigkeitsgruppe formiert. Sie kümmert sich um den Eintrag der Bäume, die für die Allgemeinheit freigegeben werden können, auf mundraub.org. Die Bäume des Mitmach-Gartens in Marbach sind bereits registriert. In Ludwigsburg gibt es eine Obstbörse der Grünen Nachbarschaft, die Kontakte zwischen Obstbesitzern und Obstsuchenden vermittelt.
Das sind wunderbare Schritte in die richtige Richtung. Und wer weiß – vielleicht gehen wir dann eines Tages spazieren, ohne fauliges Obst unter den Bäumen zu entdecken. Und während wir in einen saftig süßen Apfel beißen, haben wir den bitteren Beigeschmack seines plastikumhüllten Bruders aus Neuseeland vergessen.
Isela Graf